Die enterbte
Adelstochter
Es gab wohl, wenn man den Geschichten
Glauben schenken wollte, unglaublich viele Töchter adeliger Herkunft, die aus dem Joch,
das ihnen die Familie bescherte, befreit wurden. Aber vergessen Sie vor allem die
Geschichte mit dem Kloster. Ein Schlachtfeld war nicht der richtige Schauplatz für die
Mitführung einer nächtlichen Leidenschaft und ein Feldlager heißt Feldlager, weil ein
Kloster niemals ausgereicht hätte, um ein kriegführendes Heer zu beherrbergen. Sollten
aus irgendeinem Grunde tatsächlich Soldaten in einem Kloster übernachtet haben, so seien
Sie gewiss, man wusste darauf zu achten, dass es nicht zu derlei Szenen kam. Ein
nächtliches Liebesabenteuer lag durchaus im Blickfeld der Oberin. Derlei unehrenhafte
Vorkommnisse die Soldaten betreffend, wären im Klosterbuch niedergeschrieben worden. Die
Wahrscheinlichkeit, dass eine Tochter aus gutem Hause ins Kloster geschickt wurde, weil
ihre Familie etwas gegen eine nicht standesgemäße Liebschaft hatte, die war wesentlich
größer.
Was das Thema unstandesgemäße Heiraten betrifft, wird da viel falsch verstanden. Zu Zeiten des alten Adels heiratete man nicht in unfreie Familien, nicht zuletzt, weil eine Dispens notwendig gesesen wäre, die nur in Ausnahmefällen erteilt wurde. Je mehr es allerdings üblich wurde, bürgerliche Geschlechter in den Adelsstand zu erhöhen, desto öfter kam es auch vor, dass diese Adeligen durchaus auch Partner aus mehr oder weniger wohlhabenden bürberlichen Familien verheiratet. Die Frage war u.a. auch, welche Gelegenheiten sich für Eheanbahnungen boten und welche ökonomische Grundlage sich für eine solche Familie bot.